Corporate Blogging im Konjunktiv:
Woran KMU bei ihren Blogs scheitern können
Stellen wir uns folgende Situation vor: es kommt die einmalige Chance auf einen zu, das Hobby zum Beruf zu machen. Der Arbeitgeber entdeckt Corporate Blogging für sich oder einen Kunden. In den letzten Jahren gelang in puncto Public Relations, Content-Marketing und Social Media der Sprung ins Web. Und dank guter Arbeit sogar mit doppeltem Boden.
Das Grundrauschen der Öffentlichkeitsarbeit ist mehr als solide, die klassische Pressearbeit ebenso und die zu kolportierenden Inhalte sind dankbar. Zudem hat sich die zu betreuende Brand längst etabliert und kann durchaus den Effekt einer Marken-Identifikation ihr Eigen nennen. Die Zielgruppe ist natürlich abgesteckt und involviert. Es gibt eine große Fanbase und begeisterte Community. Ein etwaiges Krisenpotential hält sich in überschaubaren Grenzen…
Corporate Blogging scheint noch nicht etabliert
Wo ist der Haken beim beschriebenen Szenario? Nun ja, insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen unterschätzen die Wirkung von Corporate Blogs. Und vor allem den Aufwand, um effizientes Corporate Blogging zu betreiben. Damit die Eingangsstory dennoch kein Wunschdenken bleibt, pimpe ich diesen alten Blogbeitrag im Rahmen von #MyFirstContent* auf. Denn auch zig Jahre nach der Blogparade „Content-Marketing und Corporate Blogs“ von PR-Blogger, bleibt das Image von Corporate Blogs nichtsdestoweniger ramponiert.
Zumal der Anspruch an nutzenstiftende Inhalte erheblich zunimmt. Schließlich gibt es zu viel Auswahl an Content und zu wenig Zeit für dessen Konsum. Das stellt Unternehmen vor große Herausforderungen. Wie bleiben sie visibel, ohne die Ziele aus den Augen zu verlieren? In Bezug zum Corporate Blogging bedeutet das ein Abwägen zwischen Ressourcen-Einsatz und Return on Investment.
Die Fragen nach der kundenspezifischen Ausrichtung (Stichwort: Customer Centricity) oder inhaltsgetriebenen Kommunikationsformen stellen sich hingegen nicht. Corporate Blogs sind kein Selbstzweck und es sprechen viele gute Gründe dafür. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass es einer Content-Strategie und geeignete Mitstreiter bedarf. Und darum geht es im hiesigen Blogbeitrag.
Corporate Blogging bedarf einer Content-Strategie
Corporate Blogs bieten viele Vorteile für die Unternehmenskommunikation – vorausgesetzt es gibt eine Content-Strategie. Hat Corporate Blogging einen hohen Stellenwert bei der internen und externen Kommunikation inne, lassen sich Sichtbarkeit und Reputation erhöhen. Andernfalls scheitert dieses Vorhaben bevor es richtig losging. Doch denken wir positiv und gehen Corporate Blogging strategisch an.
Zu diesem Zweck empfehle ich zunächst eine schlanke Herangehensweise, auf Neudeutsch Lean Content Marketing. Deshalb gibt es von mir fünf einfache Schritte samt Takeaways, die wirklich jedes Unternehmen umsetzen und beherzigen kann.
Nutzer
Inhaltsgetriebene Maßnahmen bilden die Basis, um die entsprechenden Zielgruppen mit relevanten Informationen abzuholen. Dabei spielen unter anderem der Sprachgebrauch und die Tonalität eine wichtige Rolle, also eine maßgeschneiderte Anrede. Denken wir beispielsweise an „Du“ oder „Sie“ oder ans Gendering. Für die Corporate Blogger bedeutet das ein besonderes Gespür für die Nutzer zu entwickeln.
Ziele
Aus dem Content-Marketing kennen wir diverse Ziele, die sich auf Corporate Blogging übertragen lassen. Als da wären exemplarisch:
- Aufmerksamkeit erzielen
- Leads generieren
- Markenbekanntheit steigern
- Reputation aufbauen
- Vertrauen schaffen
Weitere strategische und taktische Ziele für das Corporate Blog gibt es auf jeden Fall bei webpixelkonsum in einer Infografik.
Ein Corporate Blog kann die gesteckten Ziele nur erfüllen, wenn er relevante Inhalte bietet. Es geht hier also nicht um Eigenwerbung oder ein digitales Pressecenter für Unternehmensneuheiten. Als relevant gilt, was die Nutzergruppe sucht. Oberste Zielsetzung sollte daher sein, eine nützliche Quelle und erste Anlaufstelle darzustellen.
Inhalte
Beim Corporate Blogging stehen die Leitidee, Stories und Protagonisten des Unternehmens vor der Formatentwicklung. Kurzum: Mittels Content-Marketing gelingt der entscheidende Schritt aus dem Schatten des Wettbewerbs.
Oberstes Gebot sind stets sinnstiftende und transparente Inhalte. Diese stärken das Vertrauen in die Marke und schaffen die notwendigen Voraussetzungen für nachgelagerte wirtschaftliche Prozesse. Vergessen wir nicht, dass hochwertige Inhalte auch die Wahrnehmung und Auffindbarkeit begünstigen.
(Stefan Schütz)
Außerdem verrät ein gutes Corporate Blog auch immer etwas von der Kultur eines Unternehmens. Authentischer und in erster Linie relevanter Content spielt dabei eine entscheidende Rolle. Was gibt das Unternehmen von sich preis? Wer schreibt die Artikel? Wie viel nehme ich als User mit?
Optionen
Corporate Blogs unterscheiden sich nach der Art ihrer Funktion und der Zielgruppe. Dabei müssen Unternehmen zwischen „wie möchte ich wirken“ und „wie werde ich wahrgenommen“ differenzieren. Wichtig ist für mich, dass die Nutzer prinzipiell die Möglichkeit besitzen, die Blogbeiträge zu kommentieren, zu teilen oder zu bewerten.
Beispiele für typische Corporate-Blogging-Genres:
- CRS-Blog
- Kampagnen-Blog
- Marken-Blog
- Produkt-Blog
- Service-Blog
- Themen-Blog
- Wissen-Blog
Es gibt meines Erachtens kaum Corporate Blogs, die einem bestimmten Genre zuzuordnen sind. Vielmehr sind es Mischformen, denen ich begegne. Kein Wunder, schließlich verfolgt jedes Blog unterschiedliche Ziele. Spätestens jetzt sollte jedoch klar sein, dass die einzelnen Strategie-Bausteine ineinandergreifen.
Analysen
Apropos Umsetzung: Gemäß der Zielgruppenanalyse und KPI-Bestimmung gebietet es sich, die Performance der Inhalte auszuwerten. Für die fortlaufende Optimierung der Content-Strategie des Unternehmensblog ist das unabdingbar. Die Mühen zur Erstellung und Distribution vermeintlich passgenauer Inhalte ist sonst für die Katz. Was nützt der ganze Aufwand, wenn am Ende des Tages niemand davon Gebrauch macht.
Exemplarische Indikatoren für Corporate Blogs:
- Besucher-Anzahl
- Verweildauer/Lesezeit
- Kommentare/Interaktion
- Keyword-Rankings
- Backlinks/Erwähnungen
Jede Kennzahl lässt sich weiter runterbrechen. Die Besucher sind in absoluten Zahlen zu messen oder nach der Anzahl neuer Besucher gegenüber wiederkehrenden Besuchern zu unterscheiden. Erwähnungen auf anderen Plattformen oder in Social Networks können positiv wie negativ ausgeprägt sein. Genauso verhält es sich mit Kommentaren im Blog.
Corporate-Blogging-Checkliste für den Einstieg
Mein Bild von Corporate Communications und insbesondere Unternehmensblogs wandelt sich stark. Das liegt zum einen an meinen persönlichen Erfahrungen und zum anderen an den zahlreichen positiven Benchmarks aus der Blogosphäre. Content-Marketing ist weiterhin auf dem Vormarsch und bricht verkalkte Strukturen wie Silos in der Kommunikation auf.
In Anlehnung an das Buch „Corporate Blogs – Praxistipps für Strategie, Inhalt und Ziele“ von Meike Leopold entstand folgende Infografik. Hiermit erkläre ich die wesentlichen Schritte zum eigenen Corporate Blog. Zugleich dient sie als Checkliste für den smarten Einstieg sowie als Mutmacher für KMU. No Fear!
Bevor ich abschließend auf die benötigten Skills von Corporate Blogger eingehe, die einzelnen Schritte nochmal im Schnelldurchlauf…
Schritt für Schritt zum professionellen Corporate Blog:
- Ressourcen- und Kostenplan aufstellen
- Zustimmung der Entscheider einholen
- Verantwortliche bestimmen und Mitstreiter finden
- Kommunikationsstrategie samt Ziele entwickeln
- Namen suchen und Genre festlegen
- Spielregeln und Guidelines publizieren
- Informationen sammeln und Inhalte erstellen
- Networking und Blogger Relations betreiben
- Voraussetzungen für Design und Technik schaffen
- Monitoring und Erfolgsmessung optimieren
Corporate Blogger dringend gesucht
Die Deutsche Telekom beschäftigt rund 150 Corporate Influencer und unterhält ein eigenes Social Media Business. Im gleichnamigen Corporate Blog können die User insgesamt 24 Blogger beziehungsweise Markenbotschafter identifizieren. Klar, diesen Luxus kann sich kaum ein Unternehmen leisten. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen stellen keine Corporate Blogger in Vollzeit ein. Doch deutet dieses Best Practice auf einen zunehmend hohen Stellenwert von Corporate Blogging hin. Denn auch der Konzern fing beim Corporate Blogging klein an.
Mein Tipp für KMU: intrinsisch motivierte Mitarbeiter aus dem Unternehmen als Teilzeitredakteure für das Corporate Blog rekrutieren. Dafür eignen sich vor allem Mitarbeiter aus der Unternehmenskommunikation und dem Marketing. Daneben gilt es die Fachabteilungen und gegebenenfalls das Personalmanagement zu involvieren. Nur so lässt sich die Content-Qualität konstant hochhalten.
Die Aufgaben eines Corporate Blogger sind vielfältig:
- Bedarfsermittlung
- Recherche
- Planung
- Textarbeit
- Bildbearbeitung
- SEO-Optimierung
- CMS-Pflege
- Korrektur
- Distribution
- Monitoring
Klare Prozesse, Verantwortlichkeiten und Strukturen sorgen für einen reibungslosen Ablauf bei gleichbleibend hoher Qualität. Aus diesem Grund könnte die Umsetzung einer smarten Content-Strategie so aussehen:
Zugleich sind die finanziellen und zeitlichen Ressourcen zu definieren. Es gilt anders formuliert festzulegen, wer für was, mit welchem Aufwand bis wann zuständig ist. Und diese Aufgaben kurz gesagt verbindlich in den Arbeitsalltag der Beteiligten zu integrieren.
Fazit: Corporate Blogging entwickelt sich positiv
Vom ursprünglichen Beitrag ist kaum etwas übrig. Bei der damaligen Recherche fiel das Suchergebnis nach außergewöhnlichen, kreativen und inhaltsgetriebenen Corporate Blogs ernüchternd aus. Deshalb möchte ich heute von einer positiven Entwicklung sprechen. Aus „hättste, wennste, könnste“ wurde „Machen ist wie Wollen, nur krasser.“ Die angedachten Best Practices von Corporate Blogs in Deutschland lieferte ich jedenfalls nach. Ungeachtet dessen, freue ich mich über weitere Vorschläge und Diskussionen.
Wenn der Dativ dem Genitiv sein Tod ist, dann könnte der Konjunktiv dem Corporate Blog sein Denkanstoß sein.
*In regelmäßigen Abständen aktualisiere ich meine uralten Blogposts. Ich nenne das #MyFirstContent, da meine Anfänge als Blogger nicht mit meinen heutigen Fähigkeiten und Ansprüchen in Einklang stehen. Wie andere zum Corporate Blogging kamen, können Interessierte unter „Wie alles mit dem Bloggen begann“ nachlesen.
Autor: Stefan Schütz
Foto: LoggaWiggler / pixabay
Der Beitrag ist wirklich interessant und das Thema ist für mich wirklich neu. Corporate Blogging scheint Zukunft zu haben und ist ein wichtiger Baustein des Contents. Ich danke dir Stefan für diesen spannenden Artikel.
Hallo Elias,
schaue dich gerne hier im Blog weiter um – du wirst noch mehr zum Bloggen finden 😉
Viele Grüße
Stefan
Pingback: Corporate Blog: Auch mit geringen Ressourcen machbar - blog'n'relationsblog'n'relations
Corporate Blogs haben durchaus noch ein Akzeptanzproblem seitens der Unternehmen, die die Wichtigkeit nicht erkennen (wollen) – da stimme ich zu. Die andere, hier ebenfalls angerissene Seite ist, dass den meisten Unternehmen innerhalb kürzester Zeit die Themen ausgehen. Grund: Selbstüberschätzung („kein Problem, mir fallen hunderte Themen ein“), Mangel an Zeiteinsatz und Mangel an Finanzierung (für Personal im weitesten Sinne). Habe mir vor einiger Zeit dazu auch mal Gedanken gemacht … vielleicht ja als kleine Ergänzung: http://www.profi-news.de/textblog/design/content-marketing-macht-es-sinn-weiterhin-einen-unternehmens-blog-zu-pflegen/
Kritik, Anregungen und Ergänzungen sind immer willkommen!
Danke für dein konstruktives Feedback – den Beitrag führe ich mir in Ruhe zu Gemüte 😉