Ohne Trolle wär hier gar nichts los!?

Wie lautet eigentlich die weibliche Form von Troll? Keine Ahnung – auch nicht was mich geritten hat, dieses Thema aufzugreifen. Letztlich bin ich bisweilen von dieser Spezies verschont worden. So könnte ich mir gut vorstellen, dass ich ab sofort den einen oder anderen einfangen werde. Aber auch darin könnte ein gewisser Reiz liegen: Verständnis! Mich interessieren tatsächlich die Beweggründe und natürlich auch die Reaktionen der Betroffenen. Handelt es sich hierbei nur um ein großes Missverständnis oder eine Profilierungsgier einzelner Personen? Spielt ausschließlich Missgunst oder Schadenfreude eine Rolle? Muss ich mir das antun oder darf ich einfach weghören? Ich habe so meine Zweifel! 

Trolle haben doch bestimmt Humor. Irgendwie muss man ja vermutlich einen Anreiz bieten, Angriffsfläche sozusagen. Ok. Der nachfolgende Werbespot ist nicht besonders witzig, aber das Kampagnen-Motto (quasi die Pointe) hat sich nahezu als Einstieg aufgezwungen:

In den vergangenen Wochen wurde wieder viel über Anonymität im Netz geredet. Über den Sinn und Unsinn von Klarnamen. Dabei gehen sowohl Online-Medien als auch Netzwerke ganz unterschiedlich mit der teilweise besorgniserregenden Diskussionskultur um. Klarnamen sind im Grunde genommen Pflicht, „Klarregeln“ hingegen nicht verpflichtend. Von Konsequenzen keine Spur. Zumindest in den kleineren, eher unbekannteren Fällen. Google+ hat zur Jahresmitte den Klarnamenzwang abgeschafft, Facebook geht sogar gegen etablierte Künstlernamen vor. Zahlreiche Newsseiten fordern eine neue Streitbasis, lenken mit Leserdialogen ein oder denken in letzter Konsequenz über das Abschalten der Kommentarfunktion nach…

Ein Troll ist ein Verneiner und Zersetzer, also der klassische Mephisto

Aber sorgen echte Identitäten für einen zivilisierteren Umgangston? Verleiten Pseudonyme wirklich eher dazu, Unwahrheiten zu verbreiten und sich in eine Art Rolle zu begeben? Bestimmt. Andererseits halte ich Trolle ferner für schlau oder gerissen. Manche sind recht eloquent. Alexander Glück, Autor des „Handbuchs für den Forentroll“ und Zitatgeber des obigen Zwischentitels, schreibt geschickten Trollen obendrein kreative und inspirierende Denkanstöße zu. Ein bisschen Vernunft und Reue ist bei „Zwei Trolle im Interview“ deutlich auszumachen. Demut nicht so unbedingt. Weitere Beispiele werde ich jedoch keine anführen, um nicht eine noch größere Plattform zu bieten! Stattdessen möchte ich Sascha Pallenberg zitieren:

Ich kenne sie [die Trolle] und ich blocke sie nur noch in Ausnahmefällen, also wenn sie wirkliche Hardcore-Beleidigungen raushauen oder einfach frech und bewusst die Unwahrheit sagen [… Eigentlich] möchte ein Troll einfach mal an die Hand genommen werden und auf eine Art und Weise zurückgetrollt werden. […] Dann noch 1, 2 Stündchen in eine kleine Recherche investieren [… um] die wahre Identität herauszufinden, die Maske runterzuziehen und das Individuum mit Realnamen ansprechen zu können. Ende der Story! […] Trolle wollen nur zerstören. Sie können nichts erschaffen und genau deshalb darf man ihnen diesen öffentlichen Raum nicht kampflos überlassen.

Am Ende des Tages nerven unqualifizierte Parolen, Kommentare unterhalb der Gürtellinie und dummes Gequatsche einfach nur. Vor allem, weil man als Blogger doch der Transparenz, Kommunikation und Interaktion großen Wert beimisst. Häufig verspürt man einen Drang Zwang zu antworten, sieht man sich fälschlicherweise zu Rechtfertigungen genötigt und will man mit gewisser Naivität für Aufklärung sorgen. Schon das Spiel verloren. Ruhe im Karton. Sie haben ihr Ziel erreicht!

Im Feuilleton der FAZ hat die Journalistin Andrea Diener vor einigen Monaten ihre „Tage im Hass“ beschrieben. Pöbeleien seien an der Tagesordnung und Beleidigungen in gewissem Maße hinnehmbar. Hingegen gehen persönliche Angriffe und verbale Aggressionen verständlicherweise an die Substanz. Interessant ist die Feststellung, dass das Gros der böswillige Kommentatoren nicht verschämt unter dem Schutz der Anonymität aktiv werden, sondern sich öffentlich mit Klarnamen zu erkennen geben. Kein Wunder, verstehen sich Trolle doch als dringend notwendige Instanz der Aufklärungsarbeit. Sie sind in gewisser Hinsicht stolz auf das Erreichte.

Je heftiger, lauter, beleidigender der Kommentar, desto schneller ist der Finger auf der Löschtaste. Die darauf folgenden Zensur-Rufe kommen bald und zuverlässig. Und schließlich Mails und sogar Anrufe, ob man mit Kritik denn nicht umgehen könnte.

Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man über manche Kommentare einfach nur lachen. Moment, man kann darüber lachen! Eine Gruppe deutscher Journalisten mit Migrationshintergrund tourt seit 2012 mit dem Programm „Hate Poetry“ durch Deutschland. In dessen Rahmen werden die schlimmsten Beschimpfungen vorgelesen, die die Leser ihnen per Post, E-Mail, Kommentarfunktion oder Twitter angedeihen ließen. Humor ist, wenn man trotzdem lacht.

Der Trollmarkt innerhalb der Blogosphäre regelt sich selbst

Auffällig ist, dass vor allem Journalisten über die zunehmende Diskriminierung im Netz klagen. Leicht konnte ich viele Beispiele von Online-Ablegern der Tages- und Wochenzeitungen finden, in denen Trolle die Kommentarfunktion missbrauchten, die Vorherrschaft übernommen hatten und als Wurzel allen Übels betitelt wurden. Allerdings gilt es hier trotz aller Ungerechtigkeiten ein wenig zu differenzieren. Es drängt sich mir mehr und mehr der Eindruck auf, dass die Journaille den Social Media noch immer wenig bis gar nichts abgewinnen sowie den direkten und erbarmungslos ehrlichen Kritiken etwas entgegenbringen können respektive wollen.

Damit wir uns nicht missverstehen: respektlose und ethisch unredliche Schreibe ist inakzeptabel und bleibt milde ausgedrückt unschön! Politische Intension und Meinungsfreiheit sind schwer in Einklang zu bringen, eventuell zu privat und sensibel. Vielmehr meine ich die Tatsache, dass die Blogosphäre enger verzahnt ist. Fernab jeglichen Wettbewerbs wird einander geholfen. Der Respekt unter Blogger-KollegInnen ist über die Jahre gewachsen, Freundschaften sind entstanden. Einzelne Trottel… äh Trolle werden es kurzfristig nicht mit einzelnen Bloggern aufnehmen müssen, sondern mit einem Netzwerk gleichgesinnter. Zieht euch warm am – „ready when you are“!

Wir alle tun gut daran, die Trolle nicht zu unter- oder zu überschätzen. Es gibt sie – und es werden mehr, da es auch mehr digitale Kanäle und somit Möglichkeiten der Verbreitung gibt. Ignoranz ist als Stilmittel genauso wenig geeignet wie kommentarlose Zensur. Sicher gibt es ganz unterschiedliche Ausprägungen der Hetze und entsprechend vielfältig erscheinen die passenden Antworten. Nur nicht unterkriegen und entmutigen lassen, stattdessen den eingeschlagenen Weg weitergehen, sich im Zweifel Hilfe holen und gegebenenfalls vom „report abuse button“ Gebrauch machen. Denn es gibt auch immer mehr gute Blogger – mehr als es jemals Trolle geben wird. Ansonsten würden sich letztgenannte ja das eigene Grab schaufeln. Sie brauchen uns, wir sie hingegen nicht!

Ohne jeglichen Fäkalausdruck habe ich mich durch diesen schwierigen und schwerwiegenden Blogpost manövriert, wobei genügend Futter vorhanden gewesen wäre. Doch getreu dem Motto „Do not feed the trolls!“, lasse ich einfach andere das Unausgesprochene für mich erledigen. Durch meinen Liebling-Liedermacher zum Beispiel:

Wie geht ihr mit dieser Thematik um? Hattet ihr selbst schon Probleme mit Trollen? Finden sich alle Beteiligten im hiesigen Beitrag wieder und adäquat vertreten? Eine schönere Gelegenheit sich Luft zu machen kommt womöglich nie wieder! Ich bin sehr gespannt – sehr, sehr gespannt, ob ohne Trolle hier wirklich nichts los wäre 😉


Autor: Stefan Schütz /
Foto: Dathan / pixelio.de

10 Kommentare zu „Ohne Trolle wär hier gar nichts los!?“

      1. Hallo Alexander,

        sollte es überhaupt „gute Trolle“ oder „arrogante Blogger“ geben – ich kenne von beiden keine (naja, Ausnahmen bestätigen die Regel) – könnte ich mich deiner Vorzugsweise anschließen. Ist mir aber alles zu sehr im Konjunktiv 😉

        Dass es humorvolle, sarkastische, intellektuelle, kritische etc. Kommentare gibt, bestreitet doch niemand. In erster Linie bringen viele (also ich auch) Trolle jedoch mit negativen Ausbrüchen, Anfragen und Anfeindungen in Verbindung. Positive Kommentare (oder welche, die im weitesten Sinne den zuvor genannten Kriterien entsprechen) sind jederzeit willkommen!

        Denn über eine durchaus berechtigte Differenzierung haben wir schon gesprochen…

        Gruß
        Stefan

  1. Bedauerlicherweise scheint es in diesem Beitrag nur um Hater und Flamer zu gehen, um Trolle jedenfalls nicht. Ihre Methoden sind differenzierter und durchaus auch eleganter als die derjenigen, die nur mit Beleidigungen und Fäkalausdrücken auf sich aufmerksam machen. Mein „Handbuch für den Forentroll“ unterscheidet diese Gruppen und ihre Stilmittel genau und stellt viele Werkzeuge zur Verfügunug, ihnen beizukommen.

    1. Hallo Alexander,

      ich kannte die genauen Unterscheidungskriterien bislang noch nicht – danke! Allerdings findet sowohl dein Buch als auch eine klare Differenzierung von Trollen Erwähnung. So schreibe ich über Respekt, Kreativität und Eloquenz, aber eben auch über Hass, Beleidigungen und Wahllosigkeit. Humor kommt ebenfalls vor 😉 Im Grunde hast du ja Recht: Troll ist nicht gleich Troll!

      VG
      Stefan

      p.s. Abschließend mache ich nochmals etwas Werbung für dein „Handbuch für den Forentroll

  2. Hallo!
    Beleidigende Kommentare? Die Trolle disqualifizieren sich doch selbst. Wenn denen das nicht peinlich ist, was sie geschrieben haben, so sollte man die Kommentare, so lange sie nicht zu sehr beleidigen, stehen lassen, damit die nachfolgenden Leser was zum schmunzeln haben. Eine kurze und treffende antwort auf einen solchen Kommentar kann einem selbst nur Pluspunkte bringen. Die schlimmsten Kommentare ohne weitere Worte zu löschen und den Absender zu blockieren, halte ich für durchaus richtig. Irgendwie sind doch diese Trolle so ähnlich wie Leute, die obszöne Anrufe tätigen: Sie wollen Aufmerksamkeit. Und die sollte man ihnen nicht geben. Naja, aber vielleicht hatte ich noch keine richtig schlimmen Troll-Kommentare.
    LG
    Ulrike

      1. Jetzt habe ich doch glatt gelesen:

        „Ich denke auch so wenig wie möglich und soviel wie nötig“

        Naja, manch einer hält es ja wirklich so…

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