Im Vine liegt die Wahrheit – In vine veritas

Ihr müsst jetzt ganz stark sein. Der Sommer neigt sich dem Ende zu. Meteorologisch betrachtet befinden wir uns sogar schon im Herbst. Bis zum Winteranfang werden die Tage nun langsam kürzer.

Schon praktisch, wenn man sich wenigstens in Sachen Apps auf gleichbleibende Längen verlassen kann. Alle Möglichkeiten für Bewegung und Farbe im tristen Blogger-Leben selbst in der Hand hat.

Nein, damit meine ich nicht die nervigen Updates aus dem Store, langen Kreuzberger Nächte oder Schöntrinkerei festgefahrener Probleme. Eher so das Gegenteil von Starenkasten – im Fachjargon Bewegtbild genannt.

Ich habe nämlich ein neues Spielzeug für mich entdeckt. Was man damit alles anstellen kann, was ich daran gut und schlecht finde und was Live-Kommunikation besser kann, möchte ich euch im Folgenden gerne vorstellen.

Video Killed the Radio Star

Wie man der Headline unschwer entnehmen kann, handelt der hiesige Blogpost von der Vine-App. Diese hat nichts mit unverhältnismäßigem Alkoholkonsum oder Kommunikationsaspekten beim Junggesellenabschied zu tun, weshalb ich meine aberwitzigen Wortspiele nun auch sein lassen werde und alsbald zu den Fakten kommen möchte.

Vine is the best way to see and share life in motion. Create short, beautiful, looping videos in a simple and fun way for your friends and family to see.

Frei und wertneutral übersetzt, kann man mit Vine bequem und schnell Videos kreieren und verbreiten. Klingt zugegebenermaßen noch nicht nach Durchbruch oder Innovation. Vielmehr nach 90er-Jahre und einem grauenvoll animierten GIF. Dennoch hat die Anwendung ihren Charme.

Dass dem so ist, hat Franz-Josef Baldus im Rahmen eines Impulsvortrags bei der letzten Ausgabe des #SoMeK eindrucksvoll dargestellt. Der Kölner Stammtisch der Netzwerk-Reihe „Hashtag SoMe“ stand diesmal im Zeichen eines Mitmach-Workshops.

Nach einer kurzweiligen Einführung des Geschäftsführers der koelnkomm kommunikationswerkstatt, konnten sich die Teilnehmer mit diversen Anwendungsbeispielen gewappnet dann selbst versuchen.

Half-Empty or Half full?

Doch der Reihe nach. Fassen wir die Präsentation des Vine-Experten und Gründers der deutschlandweit einzigen Vine Academy zunächst in eigenen Worten zusammen:

Vorteile von Vine

Barrierefreiheit: Man kann die App für iOS, Android und Windows kostenlos beziehen. Darüber hinaus ist es mit bestehenden Accounts auf gängigen Plattformen möglich, mit nur wenigen Klicks sofort loszulegen.

Networking: Durch die automatische Verknüpfung mit Twitter, werden vorhandene Kontakte mit Vine-Bezug unmittelbar angezeigt und über die eigenen Aktivitäten informiert. Folglich entsteht relativ schnell ein Geflecht aus bekannten respektive mit neuen Personen.

Usability: Sämtliche Arbeitsschritte sind selbsterklärend und somit intuitiv zu bedienen. Selbst etwas außergewöhnlichere Funktionen gehen nach kurzer Zeit leicht von der Hand.

Überzeugungskraft: An der Stelle, wo zu viele Worte durch ein bewegendes Bild beziehungsweise sowohl Texte als auch Fotos durch ein Kurzvideo ersetzt oder ergänzt werden können, ist Vine nahezu prädestiniert – eingebettet dort, wo man es will.

Haltbarkeit: Die produzierten Kurzfilme sind saisonunabhängig einsetzbar und austauschbar. Aufgrund der zwangsläufigen Archivierung, kann zu jeder Zeit der passende Spot eingebunden oder zu einem späteren Zeitpunkt aktiviert werden.

Bei Vine-Profis wie Zack King sieht die Vollendung beispielsweise so aus:

In Deutschland hatte sich Vine zwischenzeitlich etabliert. So wurden im vergangene Jahr rund 40 Millionen registrierte Nutzer gezählt. Dann brachen die aktuellen Zahlen ab. Vielleicht nicht in Summe, aber statistischer Art. Mittlerweile gibt es nämlich keinerlei belastbares Datenmaterial mehr. Warum nur?

Nachteile von Vine

Zugehörigkeit: Im Jahre 2012 hat Twitter das Videoportal übernommen. Umso mehr die Publikationen der Videos beim Microblogging-Anbieter dadurch erleichtert werden, desto mehr erschweren die Wettbewerber wie zum Beispiel Facebook samt Instagram sonstige Verbreitungen.

Fehlerquellen: Nur durch vollständiges Ausloggen, werden die momentanen User-Kennzahlen aktualisiert. Das irritiert, um nicht zu sagen: das nervt. Auch wenn die aktuellen Follower für die Gesamtbetrachtung keine große Rolle spielen, sollte man solche Updates vorrausetzen dürfen.

Zeitbarriere: Es mag ja sein, dass kurze Videos dem Zeitgeist entsprechen. Dass sechs Sekunden ausreichen müssen, um die zu kolportierende Botschaft in Szene zu setzen. Aber etwas mehr Flexibilität würde ich mir schon wünschen. Instagram-Filme sind bis zu 15 Sekunden lang – dafür wird es gute Gründe geben.

Funktionen: So einfach Vine zu bedienen ist – leider fehlen wichtige Basics für die Postproduktion. Um den Filmen den nötigen Feinschliff geben zu können, müssen für Schnitt, Sound und digitale Nachbearbeitung zusätzliche Programme genutzt werden. Meistens reicht eine weitere App, aber das ist meines Erachtens bereits eine zu viel.

Live-Streaming: Mit Periscope und Meerkat gibt es gleich zwei schwergewichtige Anbieter, die in puncto Live-Kommunikation der Vine-App weit überlegen sind. Erstgenannter sogar als Konkurrenz im eigenen Twitter-Hause.

TIPP: Mit dem Video-Editor Cute Cut kann die Postproduktion recht leicht und individuell vollzogen werden. Die Standardversion ist komplett kostenlos anwendbar und völlig ausreichend.
Live Killed the Video Star

Als auflockerndes Stilmittel in Präsentationen, auf Websites oder bei Blogposts, ist Vine durchaus geeignet. Zumal die App absolut im Trend der steigenden Nachfrage nach Bewegtbild und Kurzvideos liegt. Auch kann man von einer kostengünstigen Alternative zu sonst eher teuer produzierten Spots sprechen.

Wobei mindestens ein Manntag (dieser Ausdruck ist nicht gender-konform, aber Teil des Agentursprech) ins Land gehen wird, um ein adäquates Filmchen zu erstellen. Da ist dann noch nicht die nachträgliche Bearbeitung inkludiert.

Ich könnte mir Vine-Videos ferner für KMU sehr gut vorstellen oder generell als Teaser für Posts aller Art in den Social Networks. Wenn allerdings Facebook weiterhin als gängigste Werbeplattform betrachtet und genutzt wird, kann man theoretisch ja gleich Instagram einsetzen.

In rechtlichen Dingen bin ich hingegen überfragt. Vermutlich sind Vine-Mitschnitte von sagen wir einem Konzert, genauso als Grauzone zu bewerten wie die Live-Streamings via Periscope von einem Boxkampf in der ersten Reihe. Mir stellt sich hierbei eigentlich nur eine Frage: wie lange noch?

Nichtsdestotrotz verweigere ich mich der Annahme, dass Vine Formaten wie Periscope das Wasser reichen oder dagegen anstinken kann. Dafür ist diese App zu kompliziert beziehungsweise einfach nicht schnell genug.

Periscope-Filme sind mindestens 24 Stunden lang verfügbar und können mittlerweile beliebig gespeichert werden, um die Halbwertzeit in Überschallgeschwindigkeit bis zur Unendlichkeit und noch viel weiter zu verlängern. Hier ist auch weniger die Qualität der Filme, als vielmehr Exklusivität und Authentizität gefragt.

Vielleicht gibt es für Vine neue Impulse, Ideen oder Verwendungen, wenn Google tatsächlich irgendwann Twitter eingemeindet hat und unter anderem Synergien mit „Photos“ schafft. Bis dahin bleibt Vine für mich ein Spielzeug.

CTA: Wie integriert ihr Aspekte von Bewegtbild? Welche Plattformen inspirieren euch? Wo seht ihr eher oder noch mehr Potenzial? Lasst mich und den Lesern doch bitte lebhaft an euren Bewegtbildgründen teilhaben!

Autor: Stefan Schütz /
Foto: M: Großmann / pixelio.de

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