Marketing der Zukunft – Schlaue Köpfe und Glaskugelleserei
Das Thema „Marketing der Zukunft“ war Schwerpunkt der August-Ausgabe des Upload Magazins. Die Redaktion hatte hierzu mit einem für sie neuen Format experimentiert und Profis zu ihrer Meinung, ihren Einsichten und Einschätzungen befragt. Herausgekommen ist eine breite Palette an möglichen Antworten zur Zukunft des Marketings, die in einer Artikelreihe mündete.
An der Umfrage teilgenommen haben Anbieter von Marketinglösungen und diverse Fachleute, die direkt angesprochen wurden. Zugleich wurde die Befragung allen zugänglich gemacht, die Interesse an diesem Thema haben – Freelancer, Gründer, Unternehmensinhaber oder Marketingchef eines Konzerns.
Eine Auswahl der erstklassigsten Aussagen wurde zunächst ausschließlich im Rahmen des Magazins veröffentlicht. Im Anschluss daran wurden die Beiträge des Schwerpunkts dann kostenlos und frei zugänglich auf der Website publiziert.
- Dr. Kerstin Hoffmann, Kommunikations- und Strategieberaterin, Vortragsrednerin, Buchautorin, Bloggerin
- Michaela Brandl, Marketing & Communications Professional
- Marie-Christine Schindler, Senior Consultant mcschindler.com gmbh Public Relations, Online-Strategie und Ausbildung
- Jürgen Kroder, Marketing-Consultant & Tech-Journalist
- Meike Leopold, Kommunikationsberaterin
(2) Marketing der Zukunft – Die Sicht der Agenturen und Dienstleister:
- Jan Firsching, Social Media Stratege & Blogger, BRANDPUNKT / Futurebiz
- Nico Zorn, Mitgründer & Partner, Saphiron Digital Strategy Consultants
- Tim Ringel, Global CEO NetBooster Group
- Melanie Tamble, Geschäftsführerin ADENION GmbH
(3) Marketing der Zukunft – Die Sicht der Lösungsanbieter:
- Thomas Weyand, Regional Sales Director DACH, Marketo
- Sebastian Fleischmann, Sales Director, Oracle Marketing Cloud
- Roland Lauenroth, Marketing Manager, IBM Marketing Commerce
- Andreas Helios, Sr. Group Manager Enterprise Marketing Central Europe, Adobe Systems
Ich fühlte mich als Teamleiter Brand und Senior PR-Berater bei einer der größten inhabergeführten Agenturen in Deutschland, die sich als „Content Group“ natürlich auch dem Marketing verschrieben hat, zu einer Teilnehme berufen.
Ohne zu wissen, ob ich zum erlesenen Kreis der auserwählten Meinungsgeber zählen würde, habe ich meine Antworten archiviert und in einer Art Interview mit mir selbst zusammengefasst. Wäre doch zu schade, dachte ich so bei mir und habe meine Worte zudem um weiterführende Links sinnvoll ergänzt. Maximal 1.000 Zeichen wurden pro Antwort vorausgesetzt.
Welcher Trend wird aus Ihrer Sicht das Marketing in den nächsten fünf Jahren prägen?
Das Marketing wird auch in den nächsten fünf Jahren dafür Sorge tragen müssen, dass nicht allein die Markenbotschaft, sondern der Nutzen beim Rezipienten zur rechten Zeit am richtigen Ort mit der nötigen Relevanz überzeugt. Gefragt ist und bleibt, was Emotionen weckt und unterhaltsam, bedeutsam oder faszinierend wirkt.
Es wird zunehmend darum gehen, die jeweils relevanten Plattformen und Touchpoints zu identifizieren, die aus Marketing-Gesichtspunkten wirklich „funktionieren“ und sämtlichen Beteiligten gerecht werden – unabhängig davon, ob wir von B2B- oder B2C-Kommunikation sprechen.
Ein wichtiger Trend zeichnet sich in der Entwicklung der Dark Social Media ab. Also bei der nicht öffentlichen, verfolgbaren und messbaren Kommunikation über beispielsweise Instant Messaging-Dienste wie WhatsApp, Snapchat oder WeChat. Hier ist das Marketing extrem gefordert und wird die Strukturen sowie Kommunikationsprozesse mit dem Schlagwort „Bots“ prägen.
Was wird in diesem Zeitraum Ihrer Meinung nach die größte Herausforderung und wie kann man ihr begegnen?
Die Bedeutung der Website wird weiter verlieren und die Unternehmen sind gut beraten, sich zumindest mit den neueren Plattformen zu beschäftigen. Also darüber nachzudenken, wer sich dort aufhält und warum. So entsteht ein Lernprozess und das Marketing kann sich auf Innovationen entsprechend vorbereiten.
Dazu gehört eben auch, loslassen zu können und die oftmals vorhandenen komplexen Strukturen über viele verschiedene Abteilungen hinweg, kritisch zu hinterfragen und aufzubrechen. Eine sehr große Herausforderung wird es demnach sein, die vorherrschende „Silo-Denke“ abzuschaffen und eine ganzheitliche Content-Marketing-Strategie zu entwickeln und vor allem zu etablieren.
Das heißt in letzter Konsequenz, dass sämtliche Kanäle – online wie offline – konsistent, transparent, authentisch, kontinuierlich, individuell und nutzenstiftend zu bespielen sind. Im Rahmen eines Audits können zum Beispiel die existierenden Inhalte zusammengetragen sowie qualitativ und quantitativ bewertet werden.
Welches Wissen sollte man mit Blick aufs Marketing heute haben, das morgen unverzichtbar sein wird?
Wissen ist Macht und macht Ah! Im übertragenen Sinne möchte ich damit zum Ausdruck bringen, dass wir uns sogar oder gerade im digitalen Wandel noch immer im Zeitalter der Aufklärung befinden.
Intern müssen Zuständigkeiten geklärt, Budget-Verantwortlichkeiten überdacht, Investitionen getätigt, Ressourcen geschaffen, Mitarbeiter abgeholt und Prozesse angestoßen werden. Extern gilt es, sich von der Masse abzuheben und besonders kreativ zu sein – ohne die eigenen Werte aufzugeben und sich trotzdem vollends den Bedürfnissen der Personas hinzugeben.
Wir sollten nicht allein mit Blick auf das Marketing wissen, wo sich die Zielgruppe aufhält, was sie interessiert und umtreibt und wie sie ihren Mehrwert definiert und generiert.
Heutzutage muss das Marketing somit in der Lage sein, äußerst filigran kommunizieren und die Inhalte auf ganz unterschiedliche Weise zuschneiden zu können. Nur so lässt sich der Content Shock bewältigt und kann dem drohenden Content Clash entgegengewirkt werden.
Was halten Sie dagegen für einen Hype, der weniger wichtig sein wird als es heute scheint?
Ich glaube, dass Ephemeral Marketing an sich – also nicht die Kommunikation über Messaging-Dienste – die nächsten Jahre nicht überdauern wird. Inhalte nur für einen bestimmten Zeitraum zugänglich zu machen und so eine künstliche Verknappung des Konsums hervorrufen zu wollen, kann aus Marketing-Sicht nicht aufgehen.
Beispiele wie Periscope #save zeigen, dass der Versuch eine „Art des Vergessens“ im Internet zu implementieren und Sicherheitsaspekte zu suggerieren eher gescheitert ist. Zumal dies ohnehin nur schlecht möglich ist, da digitale Inhalte natürlich im Empfangsmoment schier unendlich auf anderen Kanälen oder Medien gespeichert und distribuiert werden können.
Andererseits erhöhen Ephemeral-Media-Inhalte den Druck auf die Stakeholder, alldieweil sie nur für einem ganz bestimmten Moment zum Konsum zur Verfügung stehen. Der interessierte Empfänger will diesen Moment unter keinen Umständen verpassen und der Sender die Hebelwirkung der Echtzeit-Kommunikation optimal nutzen.
Und was wird Ihrer Meinung nach derzeit vollkommen unterschätzt?
Bereits seit einigen Jahren kursiert der Begriff „Visual Micro Content“ im Marketing. Und obwohl dieser Ansatz großes Potenzial birgt und weit in die strategische Zielsetzung hinein geht, wird er leider viel zu selten angewandt.
Hierbei wird ein zumeist digitaler oder animierter Inhalt auf vielfältige Touchpoints übertragen. Eine komplexe Infografik etwa, wird zunächst in einem Leitartikel im Online-Magazin veröffentlicht und später in einer interaktiven Variante auf dem Corporate Blog sowie mit mobile optimierten Ausschnitten für Social Networks modifiziert genutzt. Das kann sich in reduzierten Fakten, intuitiven Scroll-Formaten oder zugänglichen Schnittstellen äußern.
Das damit einhergehende Visual Storytelling hat längst nicht die Geltung erreicht, die es verdient. Bislang werden Visuals häufig autark und nur inkonsequent mit anderen Content-Arten wie Text- oder Audio-Formaten eingesetzt. Ferner wird Programmatic Advertising meines Erachtens unterschätzt.
Ein großes Dankeschön möchte ich an die Redaktion des Upload Magazins um Jan Tißler richten: tolle Aktion, großartige Beiträge und ich durfte dabei sein. Denn tatsächlich wurden auch meine Antworten in Gänze übernommen.
Zum Abschluss noch ein Lesetipp: Beim Online-Magazin Zielbar, hat sich Klaus Eck dem Thema „Content-Marketing der Zukunft“ gewidmet. Absolut lesenswert – und das sage ich nicht zu Selbstzwecken als Teammitglied von Zielbar…
In seiner ursprünglichen Form gibt es Upload seit 2006, in seiner jetzigen seit Sommer 2013. Es handelt sich um ein monatliches, rein digitales Magazin rund um E-Business, Social Media und die Internetwirtschaft. Jeden letzten Mittwoch erscheint die neueste Ausgabe – 100 % digital als App, E-Book und im Web. Sämtliche Artikel werden im Volltext per Newsletter publiziert, sobald sie auf der Website veröffentlicht sind. Die Macher möchten herausfiltern, wie die Botschaften im Internet gehört werden, wie Angebote und Produkte Aufmerksamkeit erregen, was wirklich hinter den aktuellen Trends und Hypes steckt und wohin die Reise im Digitalen geht.
Autor: Stefan Schütz / Google+
Foto: A.Dreher / pixelio.de
Sehr spannender Artikel, der viele neue Denkansätze liefert. Gerade durch die „Werbeblindheit“ der User – nimmt mE die Relevanz von „natürlicher“ Pressearbeit zu. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, ein sauberes Mediamonitoring-Tool aufzusetzen, das auch Clippings von diesen Inhalten erstellt. Es gibt diverse Anbieter, die einem das Mediamonitoring erstellen und einem damit helfen, den Überblick zu behalten und zu überprüfen, ob diese auch die richtigen Rezipienten erreichen.
Hallo Julius,
vielen Dank! Monitoring ist ohne Zweifel wichtig – ob jetzt „klassische“ Clippings in diesem Zusammenhang eine bedeutende Rolle spielen, sei dahingestellt.
Beste Grüß
Stefan
Sehr interessanter Artikel und den Begriff Visual Micro Content kannte ich noch nicht. Es ist schon erstaunlich, wie schnell sich digitale Kommunikation auch im Internet in den letzten Jahren verändert hat und wenn der Website in Zukunft immer weniger Beachtung geschenkt wird, muss man wirklich umdenken und auf Veränderungen vorbereitet sein. Viele neue Plattformen wie Instagram und Snapchat halte ich aber trotzdem nicht für die meisten Unternehmen geeignet, vor allem weil man auch nicht immer die richtige Zielgruppe antrifft. Und Dienstleistungsunternehmen haben es eh schwer, immer wieder neue interessante Inhalte für diese Plattformen zu entwickeln.
Hallo Lukas,
vielleicht findest du ja auch die Zeit (wenn nicht schon geschehen) die Beiträge der Autoren im Detail zu lesen – bei denen kannte ich nämlich einiges noch nicht 😉 Unabhängig davon möchte ich dir zustimmen: nicht jeder Kanal eignet sich für jedes Unternehmen oder für jedes Vorhaben!
Danke für deinen Kommentar
Stefan