Die Zukunft der PR liegt in der Natur der Sache
Wenn ein ehemaliger Lebensabschnittsgefährte zufällig die eigenen Wege kreuzt, kommt es mitunter zu peinlichen Momenten. Erst wird geschwiegen, dann überlegt, gemustert und zugeordnet, um schlussendlich lauthals in Gelächter auszubrechen. Irgendeine Gemeinsamkeit hat es einst schließlich gegeben. Beruhigenderweise ging es dem Gegenüber in dieser Situation vermutlich genauso.
Wie oft fällt wohl bei solchen Treffen der Satz „Du hast dich nicht verändert“? Und wie häufig ist das ernst gemeint oder sogar positiv behaftet? Ich glaube, dass genau das ein Problem von Public Relations ist!
Geliebt, verdammt, verändert
Bei aller Diskussion rund um das Thema Content Marketing als Metadisziplin und welche Rolle die einzelnen Gewerke spielen können respektive dürfen – es gibt da eine prägende Eigenschaft, die sämtliche Disziplinen im Grunde ihres Herzens vereinen: die Fähigkeit zu kommunizieren oder kommunizieren zu wollen.
Mit Kollegen anderer Abteilungen, mit der Zielgruppe im Allgemeinen oder Buyer Personas im Speziellen, mit Gott und der Welt. Dabei geht und ging es schon immer um Aufmerksamkeit, Interaktion und in gewisser Hinsicht auch um Manipulation. Kommunikation als Stilmittel sozusagen.
Zunächst ganz unabhängig davon, wie wir das heute nennen möchten und wie sich die Schnelllebigkeit oder der digitale Wandel als solcher auf das Verhalten und den Umgang mit einer gewissen zu kolportierenden Botschaft auswirken.
Wenn wir uns [im Rahmen der gleichnamigen Blogparade von Adenion] also fragen, wo die Zukunft der PR liegt oder welche Bedeutung ihr zukünftig beigemessen wird. Dann müssen wir kluge Köpfe inner- und insbesondere außerhalb der Filterblase zu Wort kommen lassen…
Deshalb habe ich Experten aus meinem Netzwerk, um eine ehrliche und zitierfähige Meinung gebeten. Natürlich ist diese Umfrage nicht repräsentativ. Aber es kommen verschiedene Blickwinkel in Betracht, deren Repräsentanten zu Wort und wirklich Spannendes zutage:
„Der Erfahrene“ Michael Schütz,
Inhaber der Werbeagentur Gestalt und Form:
PR begegnet einem Werber an vielen Punkten seiner täglichen Arbeit. Insbesondere wenn es darum geht, ein Marketingbudget aufzuteilen. Jeder der Beteiligten möchte dann natürlich das größte Stück vom Kuchen abbekommen. So gesehen sind Public Relations immer auch ein bisschen Konkurrenz – jedenfalls habe ich das früher so gedacht. Viele schöne Worte, wenig dahinter. Mittlerweile habe ich aber eine differenzierte Sicht auf die Beziehung zwischen Werbung und PR. Denn beide Seiten sind doch in gewisser Weise voneinander abhängig und ergänzen sich in vielen Bereichen der Unternehmenskommunikation. Mit dem ehrlichen Blick auf das große Ganze, ist die Story genauso wichtig, wie die Illustration oder Verpackung. Nur so kann ein Bestseller daraus werden. Und meine Erfahrungen zeigen: es funktioniert!
„Die Vielseitige“ Daniela Sprung,
Kommunikationsberaterin, Bloggerin und Gründerin von bloggerabc
Blogger und PR ist mehr als nur reine Beziehungsarbeit. Auch Blogger brauchen die Öffentlichkeit, um gesehen zu werden. Ohne diese hätten wir keine Leser und könnten auch keine Kooperationen eingehen, weil Unternehmen, Agenturen und Organisationen gar nicht wüssten, dass es uns gibt. Netzwerkarbeit, Positionierung, Reputation und der Umgang mit unseren Lesern sind nur einige Beispiele die zeigen, warum auch Blogger PR brauchen – und nutzen. Die Frage ob PR weiterhin als Einzeldisziplin zu sehen ist stellt sich mir gar nicht. Für mich ist es, seit ich mich damit beschäftige, eine Vermischung aus unterschiedlichen Disziplinen.
„Der Netzwerker“ Marcus Wirtz,
Vertriebsprofi und Bachelor of Media Engineering:
Für mich als Vertriebler sind die Social Media eine Möglichkeit, mein persönliches Netzwerk zu pflegen, zu erweitern und einfach Kontakt zu halten. Wertschätzung spielt dabei eine wichtige Rolle und ist Teil der Eigen-PR. Gerade die Neuigkeiten aus dem eigenen und erweiterten Netzwerk ermöglichen nicht selten Zugang zu Geschäften und Branchennews, die sonst schwer zu erkennen sind. Auch Empfehlungen innerhalb des Netzwerkes haben einen sehr hohen Stellenwert und sind oft Gold wert, wenn es um den Einstieg bei potenziellen Interessenten geht. Somit bietet mir das Networking aus vertrieblicher Sicht immer einen guten Überblick, was sich in der Branche und darüber hinaus so bewegt.
„Der Visionär“ Franz-Josef Baldus,
Inhaber der koelnkomm kommunikationswerkstatt und Snack-Content Experte:
Die klassische PR wird als Einzeldisziplin verschwinden und zum (wichtigen) Puzzlestück im alles dominierenden Content Marketing. Ihre aktuellen Konturen werden dabei mehr und mehr verschwinden wie ein Glas Tinte, das man in ein Wasser-Fass schüttet. Bewegtbilder werden zum wichtigsten Bestandteil des Content Marketing – sie sind im digitalen Zeitalter das, was die Tinte zu Beginn der Papierzeit war.
„Der Interdisziplinäre“ Andreas Quinkert,
PR-Freelancer und Chefredakteur von ZIELBAR
Infolge des digitalen Wandels bleibt für PR klassischer Machart nur ein Nischendasein: Zwar werden sie hier und da noch gebraucht – aber die Musik spielt längst woanders. Das sprichwörtliche Pfeifen im Walde hilft da nur wenig. Denn die Zielgruppenbedürfnisse haben sich so stark geändert, dass die Unternehmenskommunikation einen Paradigmenwechsel vollziehen muss, um diesen weiterhin gerecht zu werden. Dies ist zum Teil schon geschehen, und speziell Content Marketing als eine Art Metadisziplin ist in der Lage zu liefern und die neuen digitalen Touchpoints zu bespielen. Hier können und müssen die PR strategisch und operativ den Hut mit aufhaben. Agilität sowie der Wille zu Interdisziplinarität sind hierfür zentrale Voraussetzungen. Sonst sehen die PR bald ganz alt aus.
„Der Unterstützer“ Rüdiger Zielke,
Geschäftsführender Gesellschafter der PensionCapital GmbH
Wir unterstützen unsere Kunden dabei, besondere Benefits für ihre Mitarbeiter einzuführen. Dazu zählen unter anderem betriebliche Altersversorgung, intelligente Vergütungssysteme oder Gesundheitsservices. Bei der Einführung allein darf es aber nicht bleiben. Diese Angebote für Mitarbeiter müssen deutlich kommuniziert werden, um als Employer Branding zu wirken. Es heißt nicht umsonst ‚Tue Gutes und rede darüber‘. Wir setzen dabei insbesondere auf die persönliche Kommunikation (face-to-face mit den Mitarbeitern) und das Intranet oder individuelle Portale als Ergänzung. Nach außen und nach innen sollten die Inhalte im Personalmarketing eingesetzt werden. Sie stellen handfeste Vorteile dar, die die Arbeitgebermarke stützen.
„Die Multimediale“ Ivana Barić Gašpar,
Freelance Online-PR und Content Marketing, keen online communication
Wenn man mich nach der Zukunft der Öffentlichkeitsarbeit fragt, so sehe ich diese ganz klar in einer Neuausrichtung der gesamten Branche. Der Aufstieg des Social Web zum zentralen Kommunikationsmedium unserer Gesellschaft, hauchte der PR neues Leben ein und ermöglicht ihr, sich als umfassender und integrierter Kommunikationsansatz neu zu interpretieren. Die größte Herausforderung sehe ich darin, alte Muster abzulegen und sich stattdessen auf individualisierten, konstanten und multimedialen Dialog einzulassen. H2H-Kommunikation (human2human) wird dabei der neue Standard. Nur wer diesen authentisch umzusetzen vermag, wird das Vertrauen seiner Dialoggruppen gewinnen können.
„Der Ganzheitliche“ Babak Zand,
Blogger und Content-Stratege
PR-Arbeit wird auch in Zukunft noch ein Bestandteil der digitalen Kommunikation sein. Allerdings nicht mehr in einer trennscharfen Abgrenzung zu anderen Abteilungen, die intern oder extern mit Stakeholder sprechen. Vielmehr werden Aufgabenbereiche verschmelzen, wenn Unternehmen eine dokumentierte und ganzheitliche Content-Strategie einführen. Der Kern jeder Abteilung bleibt erhalten, aber die Ränder werden ineinander überlaufen.
5 Thesen für ein Halleluja
Obwohl die zuvor genannten Personen aus vermeintlich konträren Richtungen argumentieren könnten, sind teilweise erstaunlich viele Überschneidungen bei den vorgetragenen Argumentationslinien vorhanden. Für mich ist das schon eine mittelprächtige Überraschung.
Den Public Relations geht es entweder schlechter als allgemein erwartet und somit einfach einheitlich wahrgenommen schlecht oder aber ihnen wird hoffnungsvoll beziehungsweise höflich auch zukünftig eine Daseinsberechtigung eingeräumt. Insgesamt wenig inbrünstige Juhu-Schreie, wie ich finde.
Allemal besser als die ultimative Lobhudelei unter Gleichgesinnten. Personen aus anderen Disziplinen der Kommunikation haben demnach einen speziellen und doch weitreichenden Blick auf die PR-Thematik und deren Zukunft.
Ein tolles Experiment, welches ohne die schlagkräftige Unterstützung der Protagonisten niemals so möglich gewesen wäre. Herzlichen Dank für die rege und spontane Teilnahme, liebe Leute! Kompetenterer Input zur Zukunft der PR ist meines Erachtens nirgends zu finden.
Genügend Futter und geballtes Wissen, um abschließend fünf Thesen zu formulieren und zur Diskussion einzuladen:
Zukunft der PR
1. PR haben als Einzeldisziplin endgültig ausgedient.
2. PR-Beratung heißt zukünftig Kommunikationsberatung.
3. PR werden in jetziger Form das Schicksal der Printmedien teilen.
4. PR-Experten haben ihre Strategie längst umgemünzt.
5. PR sind von Influencern zu Supportern im digitalen Wandel geworden.
Wir sehen, hören und lesen uns in der Zukunft – ob mit oder ohne Public Relations!
Autor: Stefan Schütz / Google+
Foto: Carola Langer / pixelio.de
Heftig geteilt! Reicht das als Statement?
…krasser Dank – das reicht 😉
Pingback: Zukunft der PR – Aufruf zur Blogparade · Adenion Blog
Bei aller Liebe: Mich würde ja zu allererst mal interessieren, was die als solche bezeichneten „Branchengrößen“ unter PR verstehen. Denn wenn wir über einen Begriff diskutieren wollen, sollten wir ihn definieren können. Und wo wir gerade dabei sind: Von welcher Branche redest Du, und woran bemisst sich Größe?
Gehen wir daher also mal von einer PR-Branche aus. Diese Branche hat eine ganze Reihe von Branchenmedien sowie einige Berufsverbände hervorgebracht. In den mir bekannten, sind mir die von Dir zitierten Expertinnen und Experten noch nicht begegnet. Gleichzeitig ist die Diskussion in diesen Medien und Verbänden – letztere nicht gerade als die aller avanciertesten bekannt – schon längst viel weiter als Deine Thesen. Unter anderem deshalb wirkt Dein Text auf mich ein bisschen, wie ein Hund, der den Mond anbellt.
Hallo Sascha,
vielen Dank für dein Feedback!
Ich spreche von der Kommunikationsbranche und habe einige Personen aus meinem Netzwerk gebeten, ihre Sicht der Dinge (ihrer täglichen Arbeit) möglichst mit Bezug auf ihr PR-Verständnis kund zu tun. Eine einheitliche Definition (die allen und allem gerecht wird) gibt es ohnehin nicht und bedarf es meines Erachtens auch nicht.
Schließlich diskutieren wir hier ja keinen feststehenden Begriff, sondern das, was wir mit PR verbinden. Wie es mit den Public Relations weitergehen kann und wo sie in Zeiten des digitalen Wandel auch weiterhin eine Rolle spielen (können).
Es gab keinen Fragenkatalog, keine Vorgaben und nicht mal einen wissenschaftlichen Ansatz! Ferner ist nicht der Anspruch auf Vollständigkeit gegeben.
Die Zukunft können wir nicht vorhersagen – und vermutlich habe ich mit diesem Beitrag keine bahnbrechende Erkenntnis geliefert. Aber ich habe zur Diskussion angeregt, was nicht zuletzt die lebhafte Kontroverse bei Facebook zeigt.
Ziel erreicht und noch mehr: Ich habe in kürzester Zeit, von acht tollen Persönlichkeiten unterschiedlichster Disziplinen der Kommunikation im weitesten Sinne, ein Feedback erhalten. Danke dafür!
Zur „Größe“ abschließend noch ein weniger konstruktives Wort: „immer einen mehr wie du“ 😉 Da „Branchengrößen“ den Freunden und Kollegen und Inhabern und Geschäftsführern vermutlich nicht gerecht wird, habe ich den Begriff nun durch einen neutraleren ersetzt…
VG
Stefan
Wie, du liest meinen PR-Blog und meine Beiträge für ZIELBAR nicht …? 😉